Befreiter Regenbogen LGBTIQ-Studie „Befreiter Regenbogen“ über historische Diskriminierungen im Justizbereich
Mit der historischen Entschuldigung von Justizministerin Alma Zadić für die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Männer und Frauen in der zweiten Republik im Juni 2021 wurden auch eine rechtshistorische Forschungsstudie sowie ein Gedenkprojekt initiiert. Ziel der Studie „Befreiter Regenbogen - Die Beseitigung von Verfolgung und Diskriminierung in Österreich 1945-2024“, mit der das Zentrum QWIEN beauftragt wurde, war eine detaillierte Analyse der österreichischen Rechtslage für lesbische, schwule, bisexuelle und trans*Personen in der Nachkriegszeit. Die Studie soll außerdem Grundlage für eine Gedenkmöglichkeit sein, die im Justizministerium gemeinsam mit der Community erarbeitet wird.
Auftragsgegenstand
Konkret untersucht wurden die Auswirkungen historischer Justizreformen auf die LGBTIQ-Community. Dazu wurde auch der Einfluss internationaler Rechtsentwicklungen sowie die Rolle, die das Justizministerium in diesen Entwicklungen einnahm und die Bedeutung von Entscheidungen der Höchstgerichte analysiert. Auch die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Prozesse wurde in die Analyse der Rechtsentwicklungen miteinbezogen.
„Befreiter Regenbogen - Die Beseitigung von Verfolgung und Diskriminierung in Österreich 1945-2024“
Die Studie widmet sich im Detail der strafrechtlichen Verfolgung zwischen 1852 und 2002 mit einem Schwerpunkt auf der Zeit nach der sogenannten „Kleinen Strafrechtsreform“ 1971 und zeigt die schwierigen politischen Rahmenbedingungen auf, die den Weg zu einer Eingetragenen Partnerschaft bis zur „Ehe für alle“ kennzeichneten. Dazu wurden auch erstmals Akten aus dem Ministerium zugezogen, die den beiden Studienautoren Hans-Peter Weigand und Sebastian Pay zugänglich gemacht wurden.
Übersicht Ergebnisse: Strafrecht
- Fortführung von NS-Gesetzgebung 1945 - 1971
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus hielt Österreich noch Jahrzehnte, bis 1971, an der Bestrafung von „widernatürlicher Unzucht“ unter Männern, als auch – und das europaweit einzigartig - unter Frauen fest. Die von NS-Richtern verurteilten Personen, selbst jene, die die Straffolge des Konzentrationslagers erleiden mussten, wurden nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, vielmehr galten sie als vorbestrafte Sexualverbrecher:innen.
- Strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen 1971 - 2002
1971 fiel der Paragraf, Homosexuelle wurden aber weiterhin strafrechtlich verfolgt. Vier Folgeparagraphen wurden eingeführt, mit denen gleichgeschlechtliche Handlungen auch nach der Abschaffung des § 129 Ib StG weiter strafrechtlich verfolgt wurden:
- bis 1989: Verbot männlicher Prostitution (§ 210 StGB);
- bis 1997: Verbot von „Werbung für Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts“ (§ 220 StGB);
- bis 1997: Verbot von „Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht“ (§ 221 StGB);
- bis 2002: Verbot von "Gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren" (§ 209 StGB).
Übersicht Ergebnisse: Partnerschafts- und Familienrecht
Die Fortsetzung der Diskriminierung äußerte sich vor allem aber auch im Bereich der gesetzlichen Anerkennung der Partnerschaften, deren allmähliche Gleichstellung mit heterosexuellen Partnerschaften nur unter dem Druck internationaler Organisationen und der österreichischen Höchstgerichte zustande kam. Eine erste Regelung erfolgte 2009, erst seit April 2019 können lesbische und schwule Paare sich auf dem Standesamt trauen lassen. Die „Ehe für alle“ geht auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zurück.