Justizministerin Zadić entschuldigt sich für strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen in der zweiten Republik Schaffung von Gedenkmöglichkeit für Verfolgte
Heute, am 7.6., hat sich Justizministerin Alma Zadić im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Präsidenten des Landesgerichts Wien, Mag. Friedrich Forsthuber, und dem Historiker Mag. Andreas Brunner, der auch die Co-Leitung des Zentrums QWIEN innehat, im Großen Schwurge-richtssaal des Landesgerichts Wien für die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen in der zweiten Republik entschuldigt.
„Ich möchte den heutigen Anlass im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wien – ein Ort der wie kaum ein anderer für das Recht und die Justiz steht – nutzen, um mich als Justizministerin stellvertretend und in aller Form bei jenen homosexuellen Menschen und ihren Angehörigen zu ent-schuldigen, die in der zweiten Republik strafgerichtlich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden.
Ich möchte mein tief empfundenes Bedauern für das Leid und das Unrecht, dass ihnen widerfahren ist ausdrücken. Diese Menschen wurden von den Institutionen, die sie eigentlich hätten schützen sollen, in ihrer Würde, in ihrem Menschsein verletzt. Für dieses geschehene Unrecht – aber auch für das lange Schweigen, das darauf folgte – möchte ich mich als Justizministerin heute in aller Form bei den Betroffenen entschuldigen“, so Justizministerin Alma Zadić in ihrer heutigen Rede.
Zadić dankt Vertreter*innen der LGBTIQ*-Community – „fester Teil unserer Gesellschaft“
Zudem dankte Justizministerin Alma Zadić den versammelten Vertreter*innen der LGBTIQ*-Community für ihren jahrelangen Einsatz für die Rechte von homo- und bisexuellen, sowie trans- und intergeschlechtlichen Menschen und bekräftigte, dass die Queer-Community ein „fester Teil unserer Gesellschaft und ihres Wandels“ ist.
Schaffung einer würdigen Gedenkmöglichkeit
„Menschen dürfen niemals aufgrund ihrer sexuellen Orientierungen, ihrer Geschlechtsmerkmale oder ihrer Geschlechteridentität diskriminiert und ungleich behandelt werden. Wir müssen aus der Geschichte lernen und das kann nur gelingen, wenn wir uns ihr stellen und uns aktiv erinnern. Daher werden wir – unter Einbindung der Vertreter*innen der der LGBTIQ*-Community – eine würdige Gedenkmöglichkeit für die in der zweiten Republik zu Unrecht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten schaffen. So wollen wir die Betroffenen und das Leid, das sie erfahren haben sichtbar machen“, hielt die Justizministerin Alma Zadić fest.
Abschließend dankte die Justizministerin dem Präsidenten des Landesgerichts Wien, Mag. Friedrich Forsthuber, und dem Historiker Mag. Andreas Brunner für die gemeinsame Veranstaltung: „Ich danke Präsident Forsthuber für seine Unterstützung bei diesem wichtigen Thema und sein jahreslanges justizgeschichtliches Engagement und seinen Einsatz für eine aktive Erinnerungspolitik. Ebenso danke ich Mag. Brunner für seine von großer Fachkenntnis gekennzeichneten Verortung des Themas im Rahmen der heutigen Veranstaltung“.
„Die drei Fahnen stehen exemplarisch für den Einsatz für Würde und Menschenrechte in Österreich sowie in der Europäischen Union und schließlich die Regebogenfahne als Zeichen für Vielfalt, Toleranz und wechselseitiger Akzeptanz“, so der Präsident des Landesgerichts Wien, Mag. Friedrich Forsthuber.
„Wir danken der Frau Justizministerin für diesen wichtigen Schritt der Wiedergutmachung von historischem Unrecht. Für Österreich, in dem von den 1950er-Jahren bis zum Beginn der 1970er-Jahre die Verfolgung gleichgeschlechtlicher Handlungen im europäischen Vergleich am höchsten war, ist der heutige Tag ein wichtiger“, stellt der Historiker und Co-Leiter des Zentrums QWIEN, Mag. Brunner, abschließend fest.
Hintergrund:
Auch in der zweiten Republik waren gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter dem Titel „gleichgeschlechtliche Unzucht“ strafbar. Dabei kam es zwischen 1955 und 1971 zu rund 25.000 Ver-urteilungen. Ein Aufbruch dieses Totalverbots gleichgeschlechtlicher Handlungen begann erst spät mit der Straf-rechtsreform 1971, die sich heuer zum 50. Mal jährt. Trotzdem blieben das Verbot der männlichen homosexuellen Prostitution bis 1989, das Vereinsverbot und das Werbeverbot bis 1997 und das höhere Schutzalter für Sexualkontakte zwischen männlichen Sexualpartnern (mit 18 statt 14 Jah-ren) bis 2002 aufrecht. Zwischen 1971 und 2002 wurden rund 26.500 Menschen nach diesen Straf-bestimmungen verurteilt - das entspricht bei 81 Jahren in etwa einer Verurteilung pro Werktag.
Rückfragehinweis:
BM für Justiz
Martina Schmidt
Pressesprecherin der Justizministerin
0676898912303
martina.schmidt@bmj.gv.at
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